Die Werke von Ostad Elahi, die bislang in veröffentlichter Form vorliegen, sind Beweis der Wahrheit (Borhan ol-Haqq, 1963), Kommentar zum Buch der Könige der Wahrheit (Haschieh bar Haqq ol-Haqayeq, 1967), und Erkenntnis der Seele (Marefat ol-Ruh, 1969). Hinzu kommen zwei Bände mündlicher Unterweisungen mit dem Titel Asar ol-Haqq, die von seinem Sohn Bahram Elahi zusammengestellt und herausgegeben wurden (Spuren der Wahrheit, Band 1, 1978 und Band 2, 1992).

Beweis der Wahrheit

Beweis der Wahrheit (Borhan ol-Haqq) wurde 1963 veröffentlicht und stellt die erste zuverlässig recherchierte und umfassende Abhandlung über die Geschichte, Wurzeln, Glaubensüberzeugungen, Riten und Lehren der mystischen Ahl-e-Haqq-Gemeinschaft dar.

Diese Forschungsarbeit dient zum einen als Referenz für Wissenschaftler, insbesondere Orientalisten, die die Lehren der Ahl-e Haqq studieren möchten, zum anderen als Richtlinie für die Mitglieder der Ahl-e-Haqq-Gemeinschaft selbst, um ein besseres Verständnis der Grundprinzipien und Rituale ihres Ordens gewinnen zu können.

Die Veröffentlichung dieser Abhandlung wird als wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Ahl-e Haqq betrachtet, deren Lehren und Prinzipien bis dato noch nie Gegenstand systematischer Studien waren. Im Lauf der Geschichte durchlief die Ahl-e-Haqq-Gemeinschaft, die sich geographisch über die Länder Irak, Syrien, Türkei, Aserbeidschan und Iran verteilt, zahlreiche Veränderungen, wovon die starken Abweichungen in der Anwendung der rituellen Praktiken, zuweilen sogar in den Grundannahmen ihres Glaubens, zeugen. Diese Situation zog eine Zersplitterung der Gemeinschaft in verschiedene Untergruppen nach sich, von denen jede für sich ungeachtet dieser Uneinigkeit reklamierte, der ursprünglichen Lehre treu geblieben zu sein. Berücksichtigt man zudem den geheimen Charakter ihrer Bräuche und Rituale, erscheint jeder Versuch, zu einer einheitlichen Glaubenslehre zu gelangen, ein schwieriges Unterfangen zu sein.

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Angesichts der internen Differenzen zwischen den Ahl-e-Haqq-Gemeinschaften und dem unzureichenden Verständnis der Mitglieder bezüglich der Hauptprinzipien ihres Ordens erschien es folglich dringend notwendig, eine präzise Untersuchung über die Lehren der Ahl-e Haqq durchzuführen, insbesondere, da die Arbeiten ausländischer Wissenschaftler die Verwirrung noch zusätzlich mehrten. Ostad Elahi schreibt hierzu: „Das, was sie [die Ahl-e Haqq] als sorgsam gehütetes Geheimnis bewahrt haben oder was sie aufgrund ihres Mangels an Bildung oder ihrer Unwissenheit anderen nicht erklären konnten, wurde auf entwürdigende und herablassende Weise von fremden [Forschern] veröffentlicht, teilweise sogar mit grundlosen Beleidigungen.“

Die Untersuchungen, die Ostad Elahi hierzu durchführte, basierten einerseits auf einem fundierten Verständnis der Heiligen Schriften der Ahl-e Haqq (den Kalam) und auch anderer Religionen (vor allem des Islam), andererseits auf umfassenden Kenntnissen in der Kunst der Auslegung und der Interpretation. Das Buch erläutert ausführlich die spezifische Terminologie der Ahl-e Haqq und die Geheimnisse ihrer Lehren, insbesondere Fragen wie der Ursprung der Welt, die göttliche Manifestation, die Erlösung, die letzten Ziele oder auch die Stufen der spirituellen Vervollkommnung. Im Anhang gibt er Antwort auf eine Vielzahl von Fragen, die von den Lesern im Nachgang zur ersten Ausgabe gestellt worden waren.

Der Stil, in dem Beweis der Wahrheit verfasst wurde, ist sorgfältig und präzise. Ostad Elahis wissenschaftliche Herangehensweise bedingt, dass er alle verfügbaren Quellen einer kritischen Prüfung unterzieht. Darüberhinaus zeigt das Buch die Glaubenslehren der verschiedenen Ahl-e-Haqq-Gruppen im Zeitverlauf auf.

Diese Abhandlung liefert demzufolge eine verlässliche und gründliche Dokumentation einer Tradition, deren Grundlagen und authentische Prinzipien im Lauf der Jahre verloren gegangen wären, wenn Ostad Elahi sie nicht in der vorliegenden Form bewahrt hätte. Er hat in diesem Werk nicht nur den Kontext des Ahl-e-Haqq-Ordens neu eingeordnet, sondern auch die Gelegenheit ergriffen, seine Auffassung von den verschiedenen Stufen der Religion zu erläutern, mit besonderem Schwerpunkt auf den spirituellen Stufen und der inneren Dimension der Beziehung zum Göttlichen. Darüber hinaus bietet er, ausgehend von einem bestimmten Satz oder einer bestimmten Erklärung zu einem Lehrprinzip, eine Reihe allgemeinerer Erläuterungen zur spirituellen Praxis. So finden sich etwa auch Empfehlungen und Methoden, die dem Leser erlauben, den spirituellen Weg unabhängig von einer bestimmten Konfession oder Glaubenslehre besser zu verstehen.

Beweis der Wahrheit ist in zahlreichen Nachdrucken erschienen.

Auszüge

Kapitel 5

Der Glaube der Ahl-e Haqq ruht auf vier Säulen – Reinheit, Rechtschaffenheit, Demut und Wohltätigkeit –, die im Folgenden näher beschrieben werden:

  • Reinheit im umfassendsten Sinne des Wortes, also in Hinblick auf alles, was das Potential in sich trägt, rein zu sein: Der Ahl-e Haqq sollte diese Reinheit auf allen Ebenen sowohl in seinem materiellen Leben als auch in seinem spirituellen Leben anstreben. Äußerlich gesehen sollten sein Körper, seine Kleidung, seine Wohnräume, sein Lebensunterhalt, sein Essen sowie innerlich seine Gedanken, seine Worte, sein Verhalten und seine Taten vollkommen rein, erlaubt und aufrichtig sein.
  • Rechtschaffenheit: Dem rechten Weg folgen, das heißt, Gottes Gebote befolgen und Gottes Verbote unterlassen, mit anderen Worten, Gott dienen, nicht lügen und keine schlechten Taten begehen […] – das ist der rechte Weg.
  • Demut: Hochmut, Selbstgefälligkeit und Egoismus in sich auslöschen sowie die Triebkräfte und Wünsche des Herrschsüchtigen Selbst, leidenschaftliche Ausbrüche und alle moralischen Laster in sich tilgen. Und sich vollkommen seinem Schicksal ergeben und nichts als die göttliche Zufriedenheit wünschen – was bedeutet, sich von aller Egoität zu befreien und sich in Gott aufzulösen. In der Sprache der Mystiker und Philosophen bedeutet es, die Stufe der Zufriedenheit zu durchlaufen und die Stufe der Ergebenheit erreicht zu haben, die die letzte Stufe der Mystik darstellt.
  • Wohltätigkeit: Gottes Geschöpfen dienen und helfen und sich aufrichtig und hingebungsvoll für sie einsetzen, das heißt, ‚die Last der anderen auf seine eigenen Schultern laden’. [Ostad Elahi arbeitet an dieser Stelle die genauere Bedeutung dieser vierten Säule aus: Der spirituelle Student muss eine Stufe erreichen, auf der er ‚die Verkörperung des Göttlichen Willens und Handelns wird‘.]