Ostad Elahi hat neben seinen drei publizierten Büchern mehrere Manuskripte und Abhandlungen hinterlassen, die bislang unveröffentlicht sind. Diese Schriften enthalten einige Artikel aus seiner Zeit als Richter, die sich mit Vorschlägen für Gesetzesreformen befassen. Der Rest der Arbeiten aber ist das Ergebnis seiner Forschungen im Bereich der Spiritualität, Ethik und Religion. Das Ziel dieser Forschungsarbeiten war in einigen Fällen Zweideutigkeiten zu klären oder die Wahrheit der heiligen Schriften näher zu beleuchten, in anderen Fällen die Worte und Dichtungen großer Mystiker zu bewahren. Im Folgenden ein Überblick zu einigen unveröffentlichten Manuskripten.

Gedichte von Mulla Parischan

Mulla Parischan war ein kurdischer Mystiker und religiöser Rechtsgelehrter, der im 14. Jahrhundert gelebt hat. Ostad Elahi hat ein Kompendium zusammengestellt, die Sammlung der Gedichte von Mulla Parischan, indem er elf verschiedene Versionen dieses Werks miteinander verglich, die aus neun alten Manuskripten und zwei veröffentlichten Versionen stammten.

Ostad Elahi sprach oft über die Gedichte und Aussagen von Mulla Parischan und er stellte dessen Gedichtsammlung auf eine Stufe mit Rumis Masnawi:

Mulla Parischan war ein schiitischer Rechtsgelehrter und die religiöse Autorität seiner Zeit. Manche behaupten, er sei aus Nahawand, andere, er stamme aus Dinawar, doch seine Dichtung belegt, dass er aus Dinawar kommt und im 14. Jahrhundert lebte, als Zeitgenosse von Abu Hanifa. Er war ein wahrer Mystiker und von seiner Gedichtsammlung, die ungefähr 1000 Verse umfasst, kann behauptet werden, dass sie das Gesamtwerk von Rumis Masnawi [das sechs Bände umfasst] einschließt. Er geht darin auf all die subtilen Aspekte der authentischen Hadith ein. Die Gedichte von Mulla Parischan wurden zweimal publiziert, aber mit vielen Fehlern. Ich erstellte eine fehlerfreie Version seiner Gedichte, die ich zudem mit einem Kommentar versehen habe…

Die vorliegende Gedichtsammlung enthält 1.039 Verse und besteht aus einer Einleitung, sieben Kapiteln und einer Schlussbetrachtung. Am Ende der Verse hat Ostad Elahi im Anhang ein Verzeichnis (mit 1.039 Einträgen) mit zusätzlichen Erklärungen und Referenzen zu dem jeweiligen Vers erstellt.

Haqiqat ol-Asrar

Die Wahrheit der Geheimnisse (Haqiqat ol-Asrar) geht zurück bis ins Jahr 1922, ungefähr zwei Jahre nach Hadj Nemats Tod. Zu dieser Zeit legte Ostad Elahi den Schwerpunkt seiner Recherchen auf Themen, die mit den Grundprinzipien und Ritualen des Ahl-e-Haqq-Ordens zusammenhängen. Auf der Grundlage seiner Forschungen erläutert er die rituellen und spirituellen Stufen der Religion, die Stadien der Seele im Prozess der Vervollkommnung, die Rückkehr der Seele usw. Dabei bezieht er sich auf zahlreiche Quellen religiöser, literarischer, historischer und mystischer Art, darin eingeschlossen Koran, Bibel, Tora u.a. sowie Arbeiten von bekannten Autoren wie Scheich Abbas, Mulla Fathollah, Abu Said Abelcheir, Mulla Esmail, Scheich Tusi, Scheich Mofid, Scheich Maqrebi, Bayazid Bastami, Hadj Zeynolabedin Schirawani, Saadi, Tadsch ol-Waezin, Mulla Parischan, Scheich ol-Arefin, Rumi, Safi Ali Schah, Scheich Attar usw. Als Begründung, warum er dieses Werk verfasste, gibt Ostad Elahi an, dass er Anschuldigungen gegen die Ahl-e Haqq entkräften und die Glaubensüberzeugungen dieser Gemeinschaft der Öffentlichkeit zugänglich machen wollte.

Kashf ol-Haqayeq

Zu den wertvollsten Arbeiten, die Ostad Elahi in seiner Jugend verfasst hat, gehört die Abhandlung Enthüllung der Wahrheiten (Kaschf ol-Haqayeq, verfasst 1923). Diese Arbeit geht auf eine spirituelle Vision zurück, in der Ostad Elahi auf präzise und anschauliche Weise die Erschaffung des Universums und des Menschen beschreibt. Dabei geht er vertieft auf die Rolle des Ursächlichen Wesens (Quiddität) ein, auf die göttlichen Manifestationen, die Erzengel, Licht und Finsternis, die verschiedenen spirituellen Räume, die Funktion des Menschen usw. In La Voie de la Perfection (Elahi, B., 2018) ist ein Ausschnitt aus diesem Buch erschienen:

Gott, der Schöpfer, ist der Eine. Er ist Ohnegleichen. Niemand kennt Seinen wahren Namen und jeder benennt Ihn, wie es seinem Denken entspricht. Er ist der Einzige, der weiß, wer Er ist und was Er ist. Er hat die Erschaffung der Universen gewollt und erdacht. Dieser Wille, der die Grundlage der Gesamtheit aller Geschöpfe und aller Wirklichkeiten ist, wurde ein Ganzes: Quiddität/Materie. Dieses Ganze war von einer Form, mit keiner anderen Form vergleichbar, von einer Farbe ohne Farbe, ähnlich reinem Wasser, ohne jedoch Wasser zu sein; es selbst bewegte sich unaufhörlich in einem unendlichen farblosen spirituellen Raum. Ausgehend von der Widerspiegelung des Einen hatte die Quiddität/Materie Existenz angenommen, und der spirituelle Raum hatte ausgehend von der Widerspiegelung der Quiddität Existenz angenommen. Dieses Ganze lag jenseits jedweder Vorstellung, und die Quiddität/Materie wandelte in diesem unendlichen spirituellen Raum.

Dschaschn-e Haqiqat

In der Abhandlung Fest der Wahrheit (Dschaschn-e Haqiqat) stellt Ostad Elahi die Ergebnisse seiner Forschungen über das traditionelle Fasten der Ahl-e Haqq dar, das Marnawi-Fasten. Da es sich am (schwankenden) Mondkalender orientierte, war der Zeitpunkt dieses Fastens seit Jahrhunderten ein Streitpunkt zwischen verschiedenen Gruppen der Ahl-e Haqq. Mithilfe der Kalam, weiteren vertrauenswürdigen Quellen und der Astronomie gelang es Ostad Elahi, eine Methode zur Berechnung des genauen Datums für dieses Ereignis zu bestimmen: „Was die Frage des Marnawi-Fastens betrifft, so habe ich – obwohl ich die Kalam zur Hand und ihre Bedeutung anhand authentischer Quellen überprüft hatte – sechs Monate lang Astronomie studiert, bis ich in der Lage war, meine Erkenntnisse mit den Kalam von Scheich Amir in Einklang zu bringen und das Datum auf der Grundlage des Sonnenkalenders zu bestimmen, der nicht schwankend ist und stabil bleibt. Die anderen Berechnungsmethoden, die eingesetzt wurden, um das Datum des Fastens zu bestimmen, sind nicht stabil. Zum Beispiel rückt der alte persische Kalender alle vier Jahre um einen Tag vor usw.“

Geschichte und Genealogie von Hadj Nematollah

Unter den unveröffentlichten Manuskripten von Ostad Elahi befindet sich auch die Geschichte und Genealogie von Hadj Nematollah. Es stellt die zuverlässigste Informationsquelle dar, was Stammbaum, Familie und Leben von Hadj Nemat betrifft. In dieser Arbeit beschreibt Ostad Elahi das Leben seines Vaters und seine spirituelle Transformation und er schildert sein eigenes Leben bis hin zum Tod des Vaters. Auch über das spirituelle Leben von Hadj Nemat liefert er einen klaren Bericht. Als Grund, warum er diesen kurzen Text in den ersten Jahren nach seines Vaters Tod schrieb, gibt Ostad Elahi an, dass dies auf die Bitte von Freunden hin geschah, die Hadj Nemats Wesen und Lebensweise näher kennenlernen wollten. In dieser Abhandlung gibt Ostad Elahi eine genaue Beschreibung des 20 Jahre dauernden spirituellen Lebens seines Vaters und erläutert einige lehrreiche Details aus dessen Leben. Obwohl er diese Zeilen in jungen Jahren verfasste, lässt sich darin doch bereits sehr gut sein Forschergeist erkennen.

Übersetzung und Auslegung des Korans

Ostad Elahi hatte damit begonnen, den Koran zu übersetzen und zu interpretieren, verzichtete aber später darauf, dieses Vorhaben fortzuführen. Im Jahr 1944 stellte er die Übersetzung der ersten Sure sowie 126 Verse der zweiten Sure in Form eines Gedichts von 3.876 kurdischen Versen fertig. Diese Arbeit birgt zahlreiche Schlüssel zum tieferen Verständnis des Korans. Neben ihrem spirituellen Charakter zeugt die literarische Form dieser kommentierten Übersetzung von Ostad Elahis großer Meisterschaft in der kurdischen Dichtkunst.

Übersetzung und Auslegung von Kalam-e Sarandscham

Kalam-e Sarandscham wird von den Ahl-e Haqq als der bedeutsamste und heiligste Text angesehen, von seiner Bedeutung her vergleichbar mit den Heiligen Schriften der Offenbarungsreligionen; er bildet die Grundlage ihres Glaubens und ihrer spirituellen Praxis. In seiner Einleitung zur Übersetzung und Auslegung der Kalam-e Sarandscham beschreibt Ostad Elahi Wert und Erhabenheit dieser Worte (Kalam) wie folgt: „Die gesamten Worte (Kalam) der großen Ahl-e-Haqq-Persönlichkeiten bestehen aus zwei Teilen: Teil 1) wird als Kalam-e Chasaneh (Worte der Schatzkammer) oder Kalam-e Sarandscham (Worte der Vollendung) bezeichnet; er bezieht sich auf die Epoche von Soltan Sahak und die Zeit davor, also die jeweilige Ära von Bohlul, Schah Fazl Vali, Baba Sarhang, Schah Khoschin Baba Na’us. Für die Ahl-e Haqq hat Kalam-e Sarandscham eine unvergleichlich hohe Bedeutung und ist der ‚letzte Beweis‘. Der Grund, warum dieser erste Teil als ‚Schatzkammer‘ (Chasaneh) oder ‚Vollendung‘ (Sarandscham) bezeichnet wird, ist der folgende: Chasaneh bedeutet ‚Schatzkammer‘, also der Ort, wo Gold, Silber und andere Wertsachen aufbewahrt werden. Sarandscham bedeutet ‚Endergebnis‘ oder ‚Vollendung‘. Der Text wird insofern als ‚Schatzkammer‘ bezeichnet, als er göttliche Wahrheiten und Geheimnisse birgt. Er wird insofern als ‚Vollendung‘ bezeichnet, als er die letzte Stufe der Vervollkommnung darstellt. Was nun Teil 2) der Worte (Kalam) [der großen Ahl-e-Haqq-Persönlichkeiten] betrifft, so sind dort alle anderen Worte enthalten, die jedoch nur insoweit zu befolgen sind, als sie mit den Kalam-e Sarandscham [d.h. Teil 1] in Einklang stehen.“

Ostad Elahi erstellte für den Großteil des Kalam-e Sarandscham eine Übersetzung ins Persische und versah diese mit einem Kommentar; dabei kam ihm zugute, dass er ein umfangreiches Wissen über den Ursprungstext besaß und Owramani-Kurdisch (die dominierende Sprache in den Kalam) vorzüglich beherrschte. In der Einführung geht er darauf ein, wie er aus den verschiedenen im Umlauf befindlichen Manuskripten der Kalam-e Sarandscham jene auswählte, die aufgrund ihrer Authentizität wegweisend waren, und wie er die authentischen Texte zunächst in einem Notizbuch festhielt und sich erst im zweiten Schritt an den Prozess der Übersetzung und Auslegung machte.

Madschma ol-Kalam

Ostad Elahi hatte sich der Mühe unterzogen, die authentischen sakralen Texte der Ahl-e Haqq zu sortieren, zu transkribieren und in einem umfangreichen Band zusammenzustellen, den Madschma ol-Kalam (Kalam-Sammlung). Über seine Motivation, diese Kalam (‚Worte‘) zu sammeln, erklärt er wie folgt: „Der mündlich abgehaltene Unterricht der großen Persönlichkeiten des Ahl-e-Haqq-Ordens – ob in Kurdisch, Persisch, Türkisch o.a. – ist allgemein unter dem Begriff Kalam bekannt. Madschma ol-Kalam ist eine Sammlung dieser Kalam, die folgendermaßen zustande kam: Mehrere Jahre lang dachte ich darüber nach, die Kalam der großen Ahl-e-Haqq-Persönlichkeiten zusammenzustellen, um sie jenen zugänglich zu machen, die auf der Suche nach Wahrheit sind. Auf diese Weise konnte ich mithilfe der mir verfügbaren Mittel eine ausreichende Anzahl an wertvollen Manuskripten sammeln. Danach habe ich jene ausgewählt, die vergleichsweise vollständiger erschienen, um sie zu übernehmen…“

In Hinblick auf das Übermitteln und Bewahren der Kalam schreibt er: „Vom Zeitpunkt der Gründung des Ahl-e-Haqq-Ordens an und solange die Kommunikation zwischen den Menschen begrenzt und nicht wie heute von Technologie geprägt war, hatten die Mitglieder der Ahl-e-Haqq-Gemeinschaft versucht, die Kalam und die Prinzipien ihres Weges, soweit es die Umstände erlaubten, möglichst geheim zu halten. Sogar unter den Mitgliedern galten bestimmte Regeln, wer diese Kalam hören oder erlernen durfte. Um zu verhindern, dass sie in falsche Hände fielen, versuchte man sie nur mündlich weiterzugeben; waren sie aber schriftlich festgehalten, mussten sie verschleiert bleiben, um sie vor Missbrauch durch unberechtigte Personen zu bewahren. So kam es, dass mit der Zeit die meisten vollständigen und authentischen Versionen der Kalam, die nie gedruckt oder veröffentlicht worden waren, allmählich verloren gingen oder nur bruchstückhaft waren. Diese übriggebliebenen Versionen waren oftmals unvollständig, durcheinander oder fehlerhaft, oder wiesen zusätzliche, ausgelassene oder gefälschte Textteile auf. So […] haben wir im Rahmen des Möglichen und mit Gottes Hilfe versucht, in dieses Buch nur die authentischen und vollständigen Kalam aufzunehmen.“

Aufgrund dieser umfassenden Recherchetätigkeit bei der Zusammenstellung dieses Werks liegt nun eine verlässliche Quelle vor, die den Zugang zu den Aussagen der großen Persönlichkeiten dieses Ordens gewährt, angefangen von der Gründung bis ins letzte Jahrhundert hinein. Ostad Elahi hatte zudem zweimal die Gelegenheit, das zuverlässigste Manuskript von Kalam-e Sarandscham aufmerksam zu studieren, was ihm erlaubte, bestimmte Wahrheiten zu erhellen.

Zu seinen Lebzeiten galt Ostad Elahi aufgrund seiner profunden Textkenntnis als einer der wichtigsten Experten auf diesem Gebiet, der in der Lage war, Manuskripte auf ihre Echtheit zu prüfen, und Mehrdeutigkeiten, Metaphern und andere in den Texten verwendete Symbole zu interpretieren. Heutzutage bilden Ostad Elahis Erläuterungen der Kalam, die in seinen Arbeiten, insbesondere in Beweis der Wahrheit enthalten sind, eine Referenz für Forscher diverser Fachrichtungen.

Abgesehen von seiner Beharrlichkeit als Forscher kam Ostad Elahi auch seine familiäre Situation und seine Verwandtschaft mit Hadj Nemat zugute, denn dies erleichterte ihm den Zugang zu den seltenen Manuskripten: Wo immer er hinkam, war man bereit sie ihm zu zeigen. Unabhängig davon, wie bedeutungsvoll diese Kalam sein mögen, ist festzuhalten, dass sie lediglich einen Ausschnitt aus Ostad Elahis Forschungen darstellen.

Briefe

Mit zu seinen wertvollen Hinterlassenschaften zählen Ostad Elahis Briefe, in denen er auf Fragen antwortet, die diverse Empfänger zuvor an ihn gerichtet hatten, und die oftmals spirituelle Lektionen und Zeugnisse seiner Führung enthalten. Diesen Briefen, die in den letzten Jahren soweit möglich Stück für Stück gesammelt wurden, lassen sich spirituelle Anwendungen und Lösungen entnehmen, die meist universal einsetzbar sind. Die Sammlung, die die gesamte Skala von Themen und Persönlichkeiten abdeckt, enthält unter anderem Briefe an Personen wie Vladimir Minorsky, den bekannten russischen Orientalisten, an Kinder und Familienmitglieder, an Freunde und Studenten mit spirituellen oder religiösen Fragen sowie an Menschen, die einfach nur ihren Respekt und ihre Bewunderung für ihn ausdrücken wollten. Wenn man diese Briefe liest, stellt man fest, dass Ostad Elahi die elementaren und komplexen Fragen all seiner Korrespondenten, vom einfachsten bis zum bedeutsamsten, mit dem gleichen Respekt und der gleichen Ernsthaftigkeit beantwortete.

Sonstige Manuskripte

Neben den oben erwähnten Arbeiten gibt es einige Kladden mit Gedichten (in Persisch und Kurdisch) aus Ostad Elahis Hand sowie Notizbücher zu verschiedenen Themen, die er über die Jahre notiert hat. Diese Manuskripte enthalten, wenn man sie genau studiert, zahlreiche subtile Hinweise, die uns den Verlauf von Ostad Elahis spiritueller Wandlung gründlicher verstehen und erkennen lassen.